Ich muss zugeben, dass ich von Decence bis jetzt nur einige Kostproben von diversen Samplern gehört habe. Diese wussten jedoch sehr wohl aus der Masse der jeweiligen Compilation herauszustechen und verdienten sich so gleich einen Platz auf meiner „Vormerken! – Liste“. Darum schrillten bei mir nun auch gleich die Alarmglöckchen, als ich von der neuesten Veröffentlichung „Ianus“ erfuhr. Eine perfekte Gelegenheit sich endlich näher mit der Materie zu befassen, nachdem die beiden Vorgänger „Constellation Gemini“ und „The First Step“ bedauerlicherweise gänzlich an mir vorbeigegangen sind.
Was meine Aufmerksamkeit bei den älteren Decence Tracks, wie z.B. „The Clockwork“ sofort auf sich zog war eine verführerische Mischung aus einem hypnotisch- pulsierenden Beat, der mit einer gekonnten Leichtigkeit vor sich hinsprudelte in Kombination mit der verheißungsvoll bebenden Stimme von Sänger Oliver Mietzner, die sicher für die ein oder andere Gänsehaut verantwortlich war und ist. Beides zusammen harmonierte astrein und gab den Songs eine ganz subtile, melodische Art abzugehen, ohne dabei laut zu werden oder irgendwelche erdbebenähnliche Bässe zu benötigen.
Also Grund genug sich auf das neue Album „Ianus“ zu freuen, welches ausschließlich als Download für knappe 10 € erhältlich ist und dafür eine satte Spielzeit von über einer Stunde bietet.
„Ianus“ war im Prinzip das Yin und Yang für die guten, alten Römer, genauer gesagt einer Ihrer Götter, welcher tatsächlich mit 2 Gesichtern ausgestattet war und unter Anderem auch die Gegensätzlichkeit darstellte. Auf das Album bezogen bekommt man nun auch 2 Seiten geboten – Black Face und White Face, welche die verschiedenen Facetten von Decence wiederspiegeln und so versuchen etwas Ordnung zwischen den eher Clubtauglichen Dancefloor- Tracks und den ruhigeren, melodischeren Stücken zu schaffen.
Grob gesagt: eine härtere und eine weichere Seite, welche man meiner Meinung nach in diesem Fall aber nicht zu sehr trennen sollte, da es auf beiden musikalische Grautöne gibt, die aus dem Schwarz/Weiß-Raster Fallen, oder sogar auf der anderen Seite besser aufgehoben wären.
Zur Begrüßung empfängt uns auf dem schwarzen Gesicht gleich ein beinahe episch-orchestrales Intro à la Imperial March (Star Wars) was bei mir für etwas Verwirrung sorgte, da der folgende Titel „The Storm“ eigentlich eines der härteren, pur elektronischen Stücke auf dem Album darstellt und dadurch die schöne Instrumentale Einleitung regelrecht im Keim erstickt. „Bruder“ wäre hier eventuell die bessere Wahl gewesen, da es wenigstens mit einem sehr angenehmen Geigenspiel aufwartet. Trotz diesem gewöhnungsbedürftigen Übergang gehört „The Storm“ mit dem beinahe trancigen „Tales of Life“ zu den absoluten Anspieltipps auf der Schwarzen Seite. Ebenso das eher sensible „I live for you“ welches eigentlich ein typischer Kandidat für die weiße Seite gewesen wäre.
Diese beginnt wieder mit einem eigenen Intro, welches aber um einiges zarter und filigraner ist – auch wieder klassisch mit Piano und Geige. Der Nächste Song „speaking“ erinnerte mich gleich ein wenig an „The Clockwork“, da er auch diesen flackernd, pulsierenden Beat enthält, aber dann leider nicht genug Durchzug hat um an den genialen Klassiker ranzukommen. Der absolute Knüller der weißen Seite kommt dann mit „Love You“, der mit viel Gefühl, Nachdruck und einem Refrain im Feuerwerk-Stil entzückt. Auch der Rest der vermeintlichen „Schmuse-Seite“ ist nicht zu verachten und überzeugt wieder mit dem gekonnten Einsatz von akustischen Instrumenten – Ob dezent („Hold me“ „understanding“) oder großzügig („the last walz“ „Outro-repentance“)
Nach langwierigem Hören ist mir bei dieser Platte besonders aufgefallen, dass sie sich nicht so schnell abnutzt und langweilig wird, wie manch Andere. Das mag mit daran liegen, dass „Ianus“ anständig abwechslungsreich ist. Zudem sorgt die Detailverliebtheit von Decence mit ihren zahlreiche Effektapplikationen dafür, dass man bei jedem Durchgang Neues entdecken kann. Dazu kommt die äußerst angenehme Stimme von Oliver Mietzner, die man sich ohne weiteres längere Zeit antun kann, ohne dass sie im geringsten anfängt zu nerven. Im Gegensatz zu vielen Decence-Kritikern, die hierbei gesangliche Parallelen zu diversen anderen Bands ziehen finde ich Decence durchaus eigenständig.
Auch wenn hier und da mal n Teelöffel Diary of Dreams oder ne Priese Harris dabei ist, hält sich Decence doch immer an sein eigenes unverwechselbaren Rezept. Zudem wird es heutzutage immer irgendwas geben, was ähnlich klingt.
Also Insgesamt ein Klasse Album, welches mir Decence ein großes Stück näher gebracht hat.
Natürlich gibt es wieder ein paar Skip-Opfer, was bei der Spieldauer aber auch kein wunder ist und wohl auch mit dem eigenen Geschmack zusammenhängt.
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