Donnerstag, November 7, 2024
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We Got This Far

Nicht nur im Electro-Bereich herrscht überwiegend Stagnation, auch in Sachen Industrial Rock wird man dieser Tage nur selten mit frisch klingenden Alben überrascht. Umso erfreulicher, einen Lichtblick wie „Blunt Force Volume“ (Spiralchords/Alive) offeriert zu bekommen. Die Urheber dieses Menüs: We Got This Far aus dem amerikanischen San Francisco. Rohe, laute Riffs treffen auf grazile Akustik-Gitarren-Einblendungen, monumentale, noisige Tonwälle duellieren sich mit leisen, introvertierten Electronik-Ambient-Momenten, tiefe Melancholie wechselt sich ab mit Wut und Aggressivität. Uselinks schnappte sich die Protagonisten Ollie Marsh und Jason Silva zu einem Plausch.

Ich vernahm, dass ihr euch durch eine Band namens Stormdrain getroffen habt, wo ihr als Live-Musiker involviert war? Wie kam es dazu, dass ihr eure eigene Band starten wolltet?
Jason:
Wir waren eher auf passive Weise bei Stormdrain involviert, eher als Helfer denn als richtige Band-Mitglieder. Verschiedene Erfahrungen haben den Wunsch in uns geweckt, an einem professionellen Projekt beteiligt zu sein, und Stormdrain erschien uns als passend. Von Anfang an hätten wir uns jedoch wohler gefühlt, wenn wir der Band eine Richtung hätten geben können, so wie Ollie einst bei Claymouth und ich bei Enclave. Also starteten wir We Got This Far, wo wir genau das machen konnten.
Ollie: Wir haben uns als Musiker und Freunde sehr gut verstanden, was auf natürliche Weise dazu geführt hat, etwas Kreatives zusammen zu machen. Wir stellten ein paar Songs online, und als wir positive Rückmeldungen bekamen, war das extrem motivierend. Von da an entwickelte sich alles wie von allein.

Euer Einstand ins Geschehen war 2008 eine selbst veröffentlichte Vinyl-Single, „Bludgeon“. Weshalb habt ihr euch für das Vinyl-Format entschieden?
Ollie: Wir haben viel darüber nachgedacht. Wir wollten, dass unser Einstand etwas Besonderes ist, ein Sammlerstück. Die Audio-Qualität auf dem Vinyl ist zudem exzellent. Ich würde eines Tages gern all unsere Sachen zusätzlich auf Vinyl rausbringen.

„Blunt Force Volume“ ist eine konstante Achterbahnfahrt zwischen Ruhe und Sturm. War dies so beabsichtigt? In einzelnen Momenten erinnert es mich an „The Fragile“ von Nine Inch Nails… Wie seht ihr dies?
Ollie:
Es war definitiv beabsichtigt, eine breite Palette an Stimmungen aufs Album zu transportieren. Ich würde jetzt nicht so weit gehen und es ein Konzeptalbum nennen, aber es gibt eine bewusste Entwicklung hinsichtlich der Emotionen und Einstellungen hinter den Songs, der Art, wie sie von Anfang bis Ende wirken. Das Album beginnt mit schroffer Aggression, zum Ende hin wird es jedoch von Traurigkeit und Melancholie bestimmt. Zuletzt gibt es jedoch noch einen Funken Hoffnung obendrauf. „Fragile“ ist ein Album, zu welchem Jason und ich eine Beziehung haben, so dass es keine Überraschung ist, wenn du Einflüsse vernimmst. Ich fühle mich sehr geehrt, wenn dieser Vergleich gezogen wird.

Eure Texte sind sehr emotional. Mögt ihr unseren Lesern ein paar Worte darüber offerieren? Titel wie „Like Dying“, „Endgame“ und „So This Is Doom“ klingen nicht wirklich optimistisch…
Jason:
Ich bin sehr erfreut darüber, dass die aufs Album gebrachten Gefühle auf den Hörer wirken. Der Schlüssel ist, dass die Texte real sind, keine Fantasie. Es war eine Art Aderlass, von diesen realen Erfahrungen zu berichten, es waren schmerzvolle Dinge, die man am liebsten ignoriert. Traumatische Erlebnisse haben meistens den größten Einfluss auf uns und wir haben versucht, diese pur und ehrlich auf die Platte zu packen.
Ollie: Unsere Annäherung an die Texte war, zu versuchen, die Dinge so zu sehen, wie sie sind, und nicht, wie wir sie gerne hätten. Wir sind alle Menschen, und der beste Weg, dem Hörer mit Respekt zu begegnen, ist, dies nicht zu vergessen. Das bedeutet, dass man auch mal über etwas schreibt, was schmerzhaft für einen gewesen ist.

Welcher Song oder Moment war der schwierigste auf dem Album?
Ollie:
Es gab eine Menge Herausforderungen, aber ich denke, „Anywhere But Here“ war eines der schwersten Stücke. Gesanglich war es eine echte Herausforderung und auch in Sachen Produktion war es knifflig. Stilistisch ist es beinahe eine Ballade, gleichzeitig wollten wir es kraftvoll gestalten und dass es zu den anderen Songs des Albums passt. Es ist wohl das Stück, auf welches ich besonders stolz bin.

Das Album wurde gemastert von Tom Baker, der auch schon mit bekannten Bands wie Ministry, Nine Inch Nails, Rob Zombie, Orgy usw. zusammengearbeitet hat. Wie kam es dazu?
Ollie:
Als es soweit war übers Mastering nachzudenken, haben wir uns hingesetzt und nachgeschaut, wer unsere Lieblingsalben in Sachen Klang gemastert hat. Es hat sich sehr schnell herauskristallisiert, dass Tom Baker DER Mann ist. Toms Studio, Precision Mastering, ist nicht weit von uns entfernt in Hollywood. Wir nahmen Kontakt auf und waren begeistert, als er uns auf seine Liste schrieb.

Ihr habt bereits mit bekannten Bands wie Psyclon Nine, 16Volt, Dismantled, Deathline International, Dawn Of Ashes u.a. die Bühne geteilt. Gibt es einen Gig, an den ihr euch besonders erinnert?
Jason:
Es gab da mehrere spezielle Gigs, aber ich denke, der von elevatorDOWN Productions organisierte Gig mit Dawn Of Ashes im Annie’s Social Club (San Francisco) ruft besonders angenehme Erinnerungen hervor. Es war unser zweiter Auftritt, und Geoffrey von elevatorDOWN
gab uns den Rat, uns völlig der Show hinzugeben. Nun ja, wir haben also alles ans Laufen gebracht, inklusive einer Lichtshow und visuellen Elementen. Es lief hervorragend! Annie’s ist ein intimer Club, und das Publikum ging richtig gut mit und es kam zum Pit während des Songs „Bludgeon“. Kurz vor Ende des Songs passierte es dann, dass wir aus Versehen einen Kurzschluss herbeiführten und es absolut dunkel in dem Club wurde – bis auf den beleuchteten Gitarren-Verstärker und ein kleines Lichtlein, welches auf Ollie schien, während er die letzten Akkorde zupfte. Die Leute liebten es, sie dachten, es war Absicht! Glück gehabt! (lacht)

Was bevorzugt ihr – Studioarbeit oder Liveauftritte?
Jason:
Beides, denn es sind zwei so unterschiedliche Dinge, da kann man sich schwer entscheiden. Die Studioarbeit erlaubt es dir, etwas zu erschaffen und jeden Moment der Entwicklung festzuhalten, während man live etwas mit dem Publikum in Echtzeit erlebt.
Das Coole daran, live zu spielen, ist, dass du ein Teil einer bestimmten Nacht bist, und jeder Zuschauer, jede deiner Stimmungen hat Anteil am Verlauf. Es ist etwas Einzigartiges.

Welche Pläne habt ihr für die nächste Zeit?
Jason:
Wir arbeiten an vielen Dingen. Wir planen weitere Gigs in den Staaten, vor allen Dingen 2010, und wir hoffen, auch nach Europa kommen zu können. Desweiteren arbeiten wir an neuen Live-Versionen von den Albumsongs, die wir 2010 im kanadischen Ottawa performen und aufnehmen wollen. Wir arbeiten auch gerade an einem Remix für Chemlab, der auf deren neuen Scheibe 2010 über Welt Muzik Platz finden soll. Und natürlich fangen wir langsam auch mit dem nächsten Album an. Habe ich schon erwähnt, dass wir uns nicht gerade langweilen?
Oliver: Ein paar unserer Songs sind auch gerade auf verschiedenen Compilations veröffentlicht worden. „Sedona“ ist der Abschlusstrack auf dem aktuellen „Septic VIII“-Sampler auf Dependent, „Anywhere But Here“ ist auf der September-Heft-CD vom Zillo und „Endgame“ auf der „Compilation 45“ vom Gothic Magazin. Unsere Musik ist zudem auch für ein gratis 3D-Shooter-Online-Game genutzt worden, welches gerade veröffentlicht wurde („Vector Conflict – The Siege“). Haltet eure Augen offen für weitere Neuigkeiten!

Das Interview führte für uns Björn Joost, an dieser Stelle vielen Dank!

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