Donnerstag, April 25, 2024
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[:SITD:] im Interview

[:SITD:] sind aus der Welt der elektronischen Musik nicht mehr weg zu denken. Dutzende Clubhits ebnen ihren Weg, und mit dem Album „Rot“ wird der einzigartige Status des Trios aus dem Ruhrgebiet einmal mehr gefestigt. Kurz vor der Veröffentlichung des neuen Albums und der daran anschließenden Tour entlockten wir dem Ruhrpott-Dreier noch ein paar interessante Details.

Hallo ihr drei. Wie geht’s euch so kurz vor dem Release eures neuen Albums und dem Tourstart?

Tom: Wir stecken gerade in den letzten Vorbereitungen zur Tour, die parallel zur Veröffentlichung des Albums am 30.10. in den Niederlanden startet. Wir freuen uns schon sehr darauf, dass es bald losgeht und wir unserem Publikum die neuen Stücke live präsentieren können.

„Rot“ steht kurz vor der Veröffentlichung. Seid ihr aufgeregt? Oder wird man mit wachsender Anzahl an Alben cooler?

Carsten: Nein, man ist grundsätzlich aufgeregt vor einer Veröffentlichung und einer Tour. Es gibt verschiedene Momente und wenn man diese Schritt für Schritt bewältigt hat, wird man langsam ruhiger. Das erste Feedback bekommt man in der Regel vom Plattenlabel, dann kommen die ersten Resonanzen von den Medien und den Deejays, die vor dem Release mit der Veröffentlichung bemustert werden. Diese Resonanzen waren schon mal durchweg positiv und jetzt sind wir natürlich sehr gespannt, wie das neue Album bei unserem Publikum ankommt.

Es gab bereits zu dem letzten Album keine Single oder EP, wie es dies noch zu Zeiten von Coded Message:12 gab. Hat das wirtschaftliche Gründe oder gab das Songmaterial dies einfach nicht her?

Tom: Der Platz, den der Einzelhandel für Maxi-CD’s in seinen Sortimenten einräumt, wird immer kleiner. Wenn man sich die entsprechenden Abteilungen der großen Ketten anschaut, dann findet man dort fast ausschließlich Tonträger aus dem Pop Musik Genre. Vor zwei Jahren haben wir das Problem gelöst, indem wir die Vorabmaxi „Kreuzgang“ zusammen mit der Painbastard Veröffentlichung „Nyctophobia“ als Doppel-CD in Form der „Klangfusion Vol. 1“ herausgebracht haben. Nun haben wir uns gemeinsam mit unserem Label Accession Records dazu entschlossen, die Maxi gleich mit dem Album in Form der limitierten Bonus-CD mitzuliefern. So finden sich dort sieben exklusive Stücke und Remixes von u.a. Project Pitchfork, Reaper, S.A.M. und Aesthetic Perfection, die nicht auf dem regulären Album enthalten sind.

Wo wir gerade dabei sind. Woran messt ihr den Erfolg eines Albums? An den verkauften Einheiten oder gibt es eine andere Bemessungsgrundlage?

Carsten: Wir konnten mit unserem letzten Album „Bestie: Mensch“ zum Glück die Verkaufszahlen unseres Vorgängeralbums „Coded Message:12“ halten, was in der heutigen Zeit in unserer Szene leider viel zu selten vorkommt. Aber ist das nun ein Erfolg? Oder wenn man ein paar Einheiten mehr verkauft und in den Charts landet, ist die Platte dann dadurch besser? Natürlich muss man Platten verkaufen, um von der Musik leben zu können, aber über die Qualität einer Veröffentlichung sagen Verkaufszahlen herzlich wenig aus. Es ist uns wichtig, ob eine Veröffentlichung von unserem Publikum angenommen wird und das lässt sich nicht ausschließlich an Verkaufszahlen dingfest machen. Wenn wir auf der Bühne stehen und sehen, dass unser Publikum mit uns feiert und neue Stücke auf positive Resonanz treffen, dann ist das der schönste Erfolg, den wir uns vorstellen können. Oder wenn wir Mails von Leuten bekommen, die uns schreiben oder uns auch nach den Konzerten erzählen, dass ihnen unsere Musik etwas bedeutet und dass sie sich in unseren Songs wiederfinden, dann sind das die Momente, die für uns den höchsten Stellenwert haben. Dafür leben wir und deswegen machen wir Musik.

Im Vergleich zu „Bestie Mensch“ ist „Rot“ ja ein wahres Beatgewitter. Wie seht ihr selbst die Entwicklung zwischen den beiden Alben?

Carsten: Wir haben „Bestie: Mensch“ als ein atmosphärisch-dichtes und düster-bedrohliches Werk geschätzt. Es war von Trauer, Zerrissenheit und Hoffnungslosigkeit geprägt. Man kann es trotz einiger cluborientierter Songs eher als ein „Kopfalbum“ beschreiben, das seine optimale Wirkung zu Hause unter dem eigenen Kopfhörer entfacht. „Rot“ ist hingegen ein „Bauchalbum“ und die Emotionen, die dabei zum Tragen kommen, sind gänzlich andere als beim Vorgängerwerk. Aus Trauer wurde Wut, aus Zerrissenheit Entschlossenheit und die Hoffnungslosigkeit ist dem revolutionären Kampfgeist gewichen.

Tom: Vor dem Beginn der Studioarbeiten haben wir uns selbst bestimmte Vorgaben gegeben, die wir während des Entstehungsprozesses des Albums nie aus den Augen verloren haben. Wir wollten ein Album machen, das im Vergleich zum Vorgänger härter und direkter klingt. Um diese ungekünstelte Direktheit und Authentizität zu erreichen, haben wir uns auf das Wesentliche konzentriert. Überschüssigen Ballast haben wir über Bord geschmissen. Außerdem haben wir im „Beats-Per-Minute“-Bereich die Schraube ordentlich angezogen. Ein grundsätzliches Anliegen war überdies, dass wir im produktionstechnischen Sinne eine gewisse Derb- bzw. Schroffheit erzeugen wollten, die es von uns in dieser Konsequenz seit „Snuff Machinery“ und „Laughingstock“ nicht mehr gab.

Zumindest bei den beiden letzten Alben konnte man sich unter dem Titel etwas Vorstellen und ihr hattet ja meist tiefschürfende Antworten parat, was sich dahinter verbirgt. Aber Rot? Wieso nicht gelb, grün oder blau? Jetzt bin ich mal auf die Hintergründe gespannt.

Carsten: „Rot“ ist ein stark akzentuierter Titel, dessen Wortbedeutung genau das zum Ausdruck bringt, was wir persönlich mit [:SITD:] verbinden. „Rot“ steht für Wärme, Energie, Freude und Leidenschaft, aber auch ebenso für Aggression, Zorn und revolutionären Kampfgeist. Alles was wir tun, verfolgen wir mit all unserer Energie, Freude und Leidenschaft, die wir auch an unsere Hörer vermitteln möchten. Also ist das schon mal ein vortrefflicher Titel, der unsere Grundhaltung verkörpert. Außerdem ist „Rot“ auch traditionell die Farbe der Arbeiterbewegung, womit wir uns als Kinder des Ruhrgebiets voll und ganz identifizieren können. Die Farbe steht für unsere Herkunft und Wurzeln. Darüber hinaus ist „Rot“ die Signal- und Warnfarbe schlechthin. Das ist wiederum auf die Botschaften unserer Songs übertragbar, die man als Weckrufe interpretieren kann, mit denen wir auf Missstände in unserer Gesellschaft hinweisen möchten. Wir wundern uns immer wieder darüber, dass weite Teile der Gesellschaft diese Umstände so stillschweigend hinnehmen. Wir sind nicht bereit wegzuschauen und schildern unsere Sicht der Dinge und damit schließt sich wiederum der Kreis zum Albumtitel. Denn wir tun das mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch und mit revolutionärem Kampfgeist. Der Albumtitel hat also in vielerlei Hinsicht eine wichtige Bedeutung für das Album.

„Frontal“ kritisiert den Überwachungsstaat. Hat euch der Ausgang der Bundestagswahl nicht gefallen oder was ist der Auslöser gewesen?

Carsten: Das ganze Thema hat einen sehr persönlichen Background. Einem guten Freund von uns ist folgendes widerfahren: Ein übereifriger Bankangestellter fühlte sich dazu bemüßigt, ihn bei der Polizei zu denunzieren, weil er seine Freundin vor der Bank mit einem verschmutzten Auto absetzte, hektisch vor der Tür wartete und sich schließlich eilig mit dem Auto entfernte ohne auf die in einer Warteschlange in der Bank stehenden Freundin zu warten. Das Nummernschild sei, so der Banker, so verschmutzt gewesen, dass er nur mit Mühe das Kennzeichen entziffern konnte. Das war für die Polizei Grund genug, um das Telefon unseres Freundes wochenlang abzuhören, ihn mit zwei Beamten zu observieren und schließlich eine Hausdurchsuchung durchzuführen. Ergeben hat das natürlich nichts! Denn unser Kollege beabsichtigte selbstverständlich nicht die Bank zu überfallen, sondern er war erst vorher mit seiner Freundin und seinem Hund im Wald spazieren, was zur Verschmutzung des Autos führte und auf ihn warteten an diesem Tag wichtige Termine, weswegen er es sehr eilig hatte. Deswegen hat er vorher zu seiner Freundin gesagt: „Ich kann nur 5 Minuten auf Dich warten. Wenn es länger dauert, fahre ich schon mal los.“ Unglaublich, dass der Hintergrund so einer Geschichte zu den oben genannten polizeilichen Maßnahmen führt. Soweit der persönliche Hintergrund. Allgemein geht es in dem Song generell um die stetig zunehmenden Eingriffe des Staats – oftmals unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung – in die Privatsphäre seiner Bürger. Nehmen wir zum Beispiel das Thema der Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten. Aufgrund eines neuen Gesetzes ist es seit 2008 für den Staat nachvollziehbar, wer mit wem in den letzten sechs Monaten per Telefon, Handy oder E-Mail in Verbindung gestanden oder das Internet genutzt hat. Bei Handy-Telefonaten und SMS wird von den Telekommunikationsanbietern auch der jeweilige Standort des Benutzers festgehalten. Mit Hilfe der über die gesamte Bevölkerung gespeicherten Daten können nun Bewegungsprofile erstellt, geschäftliche Kontakte rekonstruiert und Freundschaftsbeziehungen identifiziert werden. Auch Rückschlüsse auf den Inhalt der Kommunikation, auf persönliche Interessen und die Lebenssituation der Kommunizierenden sind nun möglich. Den Zugriff auf die gespeicherten Daten haben die Polizei, die Staatsanwaltschaft und ausländische Staaten, die sich davon eine verbesserte Strafverfolgung versprechen. Weitere Maßnahmen wie u.a. der vieldiskutierte „große“ und „kleine“ Lauschangriff, sowie die mögliche Einführung eines „Bundestrojaners“ geben weiteren Anlass zur Besorgnis. Wir werden immer mehr zu gläsernen Bürgern, die unter einem Generalverdacht stehen. „Frontal“ ist ein Weckruf, dass wir nicht alles unreflektiert hinnehmen und diese Entwicklung kritisch beobachten sollten.

Habt ihr eigentlich einen Favoriten auf dem Album?

Tom: Man steckt ja in jeden Song sein ganzes Herzblut, von daher fällt es uns schwer, einen Song besonders hervorzuheben. Wenn ich es dennoch unbedingt tun müsste, würde meine persönliche Wahl wohl „Zodiac“ treffen.

Carsten: Dem kann ich mich nur anschließen.

Frank: Bei mir sind es „Stigmata Of Jesus“, „Rot“ und „Redemption“.

In wenigen Tagen startet eure Tour. Auf was darf der Besucher sich denn freuen? Habt ihr ein paar Überraschungen geplant?

Tom: Wir möchten nicht zuviel verraten, aber wir sind gerade dabei unsere Bühnen-Deko neu zu konzipieren und unseren älteren Stücken einen frischen neuen Live-Anstrich zu verpassen. Neben den neuen Songs von „Rot“ wird es also spezielle Versionen vieler „Klassiker“ geben. Darüber hinaus sind wir natürlich froh, dass wir sowohl Reaper als auch Amnistia für diese Tour gewinnen konnten. Wir freuen uns darauf, dass wir dieses qualitativ hochwertige Package unserem Publikum bei der am 30. Oktober startenden „Rot“-Tour präsentieren können. Alles Wissenswerte zur Tour und sämtliche Termine erfahrt Ihr übrigens auf unseren neugestalteten Webseiten www.sitd.de und www.myspace.com/xsitdx, sowie auf unserer Fanpage www.sitd-fan-machinery.com.

Die „Rot“ Tour führt euch ja hauptsächlich durch deutsche Lande. Plant ihr den Weg über den Atlantik zu nehmen und euch den US Markt zu erobern, oder ist das nicht euer Ziel?

Frank: Wir waren vor genau einem Jahr in den USA und Kanada und haben dort 2 Monate lang getourt und insgesamt 36 Shows gespielt. Das war eine tolle Erfahrung und selbstverständlich würden wir das gerne wiederholen. Aber jetzt stehen erst mal die Konzerte in Deutschland, England, der Schweiz und den Niederlanden im Vordergrund. Darauf freuen wir uns ungemein, denn unsere letzte große Tour in Europa liegt ja schon zwei Jahre zurück.

Was gefällt euch eigentlich besser? Studioarbeit oder live auf der Bühne?

Tom: Nach der monatelangen Studioarbeit gibt es jetzt nichts Schöneres als endlich wieder auf der Bühne zu stehen. Nach einer Tour freut man sich aber auch schon wieder aufs Studio, um die zwischenzeitlich angesammelten Ideen in die Tat umzusetzen.

Wie sieht die Zukunft für [:SITD:] aus? Gibt es schon weitreichende Pläne?

Tom: Wir haben für das nächste Jahr eine EP im Hinterkopf. Jetzt liegt unser Hauptaugenmerk aber erst mal ausschließlich bei der anstehenden Tour.

Vielen Dank für eure Zeit. Wir wünschen euch viel Erfolg mit dem Album und der Tour. Das letzte Wort gehört euch.

Tom: Vielen Dank für das Interview und natürlich auch herzlichen Dank an alle „Uselinks“-Leser für euer Interesse. Wir sehen uns bei der Tour!

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