Aha, ein weiteres Harsh-Electro-Projekt aus Amerika. Vielleicht gar aus Mexiko? Ach so, aus den Staaten? Zugegeben, zunächst war ich recht skeptisch, als ich die Vorabberichte zu Panic Lift las. Befürchtete ich doch Clubfutter-Einheitsbrei, der schon x-mal wiedergekäut sein Verfallsdatum deutlich überschritten hat. Doch ich muß zugeben, dass Panic Lift mit „Witness To Our Collapse“ dem schon so ausgelutscht erscheinenden Genre tatsächlich noch einmal eine weitere, individuelle Nuance hinzufügen konnten.
James Francis (Lyrics, Music, Vocals) und sein Kompagnon Dan Platt (Keys, Synthesizers) bieten zunächst einmal das, was ein Elektro-Head erwarten darf: Harshe Beats im Überfluss und verzerrter Gesang, der so durch den Vocoder gezogen wurde, dass die Texte beim besten Willen nicht mehr erkennbar sind. Sei´s drum, darauf kommt´s ja auch nicht so an. Die Keyboards zaubern hübsche Hooks und die stampfenden Beats ziehen auf die Tanze. Dass mitunter elektronisch erzeugte Piano-Einsprengsel das heftige Gesamtbild ein wenig auflockern – geschenkt. Ebenfalls kann man bei Acts aus den Vereinigten Staaten erwarten, dass sie ihr Handwerk verstehen und durchaus professionell zu Werke gehen. All das ist bei Panic Lift eine Selbstverständlichkeit und Business as usual.
Spennend wird die Kür: Denn das Duo hat etwas, was ähnliche Kollegen wie Hocico oder Amduscia nicht haben: Nämlich den Mut, auch einmal cleane Vocals zu verwenden.
Diese Spielart, mitunter auch in einer Art Duett eingebracht, lockert das harshe Gesamtbild doch deutlich auf und macht ein Durchhören der beinahe eine Stunde währenden Scheibe leichter. Die trauen sich was: Der Beginn von „Butterfly Wings“ mit seiner verwaschenen und leicht schrägen Gitarre hat man schamlos bei Pink Floyds „Wish You Were Here“ abgekupfert. Überhaupt ist dieser Track ein Farbtupfer in der harten musikalischen Brutralo-Welt dieses Albums. Beinahe eine Elektro-Ballade, die verdeutlicht, dass Vocoder-Gegrunze und Gefühl sich nicht zwingend ausschließen müssen.
Ein weiteres Beispiel für die Vielseitigkeit der Scheibe ist auch das stimmungsvolle, soundträck-mäßige Instrumental „Seasons Change“, wohingegen „Hold On“ eher in der Synthie-Schublade beheimatet ist. Dezente Anleihen im Industrial runden das vielschichtige Gesamtbild ab. Zusammengefasst ist Panic Lift mit „Witness To Our Collapse“ ein überzeugendes Europa-Debüt gelungen. Ihre Fans in Obama-Land konnten bereist durch eine selbst produzierte EP mit dem Duo Bekanntschaft schließen. Ich prognostiziere mal, dass Panic Lift auch hier die Clubs stürmen wird. Reichlich Hitmaterial bringt die Scheibe dafür mit. Aber auch zum Hören am heimischen Herd ist die Platte geeignet.