Die Anfänge von Camouflage stellen in so vielerlei Hinsicht eine persönliche Entdeckungsreise dar. Ideen, Kompositionen, Arrangements, Sound und nicht zuletzt die technische Frage des Aufnahmeprozesses – das war alles völliges Neuland für mich. Sich ohne jegliche Ausbildung oder professionelle Anleitung mit Songwriting und Studiotechnik auseinander zu setzen, bedeutet viel Ausprobieren und vor allem viel Zeit. Jede freie Minute, die ich hatte, verbrachte ich mit unseren Synthesizern und Aufnahmegeräten. Jedes Demo, jeder Versuch, den Klang einer Lieblingsplatte oder eines Lieblingsgeräts zu imitieren, stand unter dem Motto „learning by doing“… Geräte ohne Speicherfunktion (bitte nicht anfassen!!!), das ständige Brummen von billigen Drähten und Kabeln (Löten ist ein Muss! ), mies klingende Kassetten (die natürlich mehrfach überspielt wurden), ein gesundes Maß an Selbstüberschätzung (wer braucht schon ein Fairlight CMI?) oder die oft unberechenbaren Launen der analogen Technik bei einem Heimstudio-Budget – es gab viele Lektionen zu lernen.
Die meisten Tracks auf diesem Album wurden mit einem einfachen Stereo-Kassettenrekorder (2-Spur) aufgenommen. Das Studio-Setup sah in etwa so aus: ein Drumcomputer (kein Midi) und ein Sequenzer wurden miteinander verbunden und rhythmisch synchronisiert. Ich bastelte melodische Sequenzen und Rhythmen und transponierte sie meist manuell über die Keyboards auf die gewünschte Tonhöhe. Andere Live-Instrumente wurden darüber gespielt. Dann wurde alles, die Summe aller Klangquellen, in einer Art „Live-Recording“ mit Hilfe eines Mischpults zusammengefügt. Schon ein einziger Fehler würde bedeuten, dass man wieder von vorne anfangen müsste. Viele der Klänge neu zu konfigurieren, nachdem die Regler bereits eingestellt waren, war ein mühsamer Prozess. Am Ende hatte ich haufenweise Kassetten, oft mit scheinbar endlosen Versionen und Variationen desselben Tracks.
Aus heutiger Sicht erwies sich das als Segen, denn es ermöglichte mir, über die reine Bearbeitung der Spuren hinauszugehen, da ich nun Kombinationen verschiedener Takes ausprobieren konnte. Modernste Studiotechnik und Algorithmen zur Audiorestauration halfen mir, diese Spuren wieder in eine hörbare Form zu bringen. Das Durchstöbern des Archivs und das Ausgraben längst vergessener Songideen kann eine rückwärtsgewandte Stimmung erzeugen. In meinem Fall jedoch nicht, ganz im Gegenteil!
Naiv, radikal? War es das, was ich hörte? Waren das die musikalischen Träumereien von jemandem, der gerade erst anfing, oder der Beweis für ein gut umgesetztes Konzept? So oder so – ich hatte Spaß an all dem und hoffe, dass die ausgewählten Tracks den Appetit neuer Hörer anregen, die frühe Phase meiner elektronischen Musik und die bizarren Klangwelten, in denen ich lebte, zu erkunden
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