Zum bereits 28.Wave-Gotik-Treffen erwartete Leipzig auch in diesem Jahr wieder ca. 21.000 vorrangig schwarz gekleidete Gäste aus aller Welt, ob aus Skandinavien, Mexiko oder den USA. Wie WGT-Pressesprecher Cornelius Brach am Pfingstmontag mitteilte, war es wieder ein friedliches Festival.
Wieder waren Straßenbahnen und sonstige Verkehrsmittel überfüllt und scharenweise schwarze Besucher fuhren zwischen Agra-Gelände, Moritzbastei, Kuppelhalle des Volkspalastes, dem Völkerschlachtdenkmal oder auch Täubchental hin und her um die schwarze Musik inklusive schwarzes Lebensgefühl genießen. Bei rund 220 Bands aus ca. 20 Ländern reichte die Musik wieder über Future-Pop bis Goth-Metal, von EBM bis Neofolk, von Mittelalter bis Industrial. Es gab auch wieder einen Mittelaltermarkt an der Moritzbastei und das heidnische Dorf, in dem viele auch große Bands spielten. Es gab wieder Ausstellungen, Lesungen und Theatralisches im Programm.
Die Konzerte und Veranstaltungen verteilten sich über das gesamte Stadtgebiet, so etwa in den altehrwürdigen Gemäuern der Moritzbastei, in der neo-antiken Kuppelhalle Volkspalast, im Schauspielhaus, Haus Leipzig, Westbad, Stadtbad, Felsenkeller und NonTox.
Auch diesmal gab es wieder wundervolle klassische Musik zu erleben, sogar Opernvorstellungen konnte man beim WGT besuchen wie zum Beispiel „La Traviata“.
Für uns überschnitten sich dieses Jahr, wie auch schon letztes Jahr, viele Bands, so dass wir viel abwägen mussten.
Das Wetter war sehr schön, allerdings teilweise sehr heiß, so dass es auch ab und an zu Wärmegewittern kam.
In unzählige Klubs luden Szene-DJs aus aller Welt bis zum Morgengrauen zum Tanzen ein.
Der 1886 geweihte Leipziger Südfriedhof gehört zu den größten und kunstgeschichtlich bedeutendsten europäischen Friedhöfen. Er ist mit seiner herausragenden Parkschöpfung, mit etwa 500 bedeutenden Kunstwerken und dem größten europäischen Friedhofsbauwerk ein großes Flächendenkmal. 560.000 Leipziger haben hier bisher ihre letzte Ruhe gefunden – darunter unzählige bedeutende Unternehmer, Wissenschaftler, Künstler und Architekten. Weiterhin fanden die Oberbürgermeister und auch die weltberühmten Thomaskantoren und Gewandhauskapellmeister hier ihre letzte Ruhestätte. Auch hier gab es wieder Führungen über den Südfriedhof zum Wave-Gotik-Treffen.
Auch in diesem Jahr gab es in der “Runden Ecke” wieder eine Ausstellung und Führungen zu “Gruftis, Punks und Co. – Alternative Jugend im Visier der Stasi”. Wer sich im SED-Staat schwarze Klamotten anzog, die Haare hochtoupierte und The Cure oder Depeche Mode hörte, geriet schnell ins Visier der Staatssicherheit.
Auch im Grassi-Museum konnten wir in diesem Jahr schöne Ausstellungen besuchen wie z.B. die Sonderausstellung „Bauhaus Sachsen“, „Angewandte Kunst“ und „Musikinstrumente“.
Im Agra Café war wieder die Foto- und Kunstausstellung mit Werken von der wundervollen Fotokünstlerin Annie Bertram, Lisa Billing, Massimo Pilciano, Tamboly und Jolanta Szalanska.
Es wurden Lesungen und Vorträge angeboten, wie z. B. von Christian von Aster, Mark Benecke, Lydia Benecke, Sebastian Fitzek und vielen mehr.
Der große Treffen-Zeltplatz lag wie immer auf dem Gelände der ehemaligen Landwirtschaftsmesse „Agra“ am Rande der Stadt.
Mit den Obsorgekarten, die zum Zelten berechtigten, bekam man den Pfingstboten, das ausführliche WGT Programmbuch.
Die öffentlichen Nahverkehrsmittel der Stadt konnten von Freitagmorgen bis Dienstagmittag alle WGT Gäste, außer den Presseleuten, kostenlos benutzt werden.
Das Beste am Wave-Gotik-Treffen aber war seine einzigartige, magische Atmosphäre, die man überall in Leipzig spüren konnte und das wunderbare WIR-Gefühl.
Zur Orientierung kann man auch sehr die kostenlose App „WGT-Guide“ empfehlen, welche ein WGT-Besucher jährlich selbst zusammenstellt.
Donnerstag
Am Donnerstag war für uns, wie in jedem Jahr unser Anreisetag. Gegen 15:00 Uhr holten wir erst einmal unsere Bändchen in der Agra ab und fuhren anschließend zum Check In ins ehemalige Lindner Hotel, seit 1.6.2019 das Seminaris-Hotel. Unsere Freunde Annie und Pat waren auch schon da. Leider hat der Service durch den Besítzerwechsel zum Seminaris-Hotel sehr stark nachgelassen, dass wir uns für nächstes Jahr schon ein anderes Hotel gebucht haben. Hier alles aufzuführen, ist aber nicht die richtige Stelle. Das wurde schon anderweitig geklärt.
Abends hatten wir 4 dann einen wunderschönen Abend im Bayrischen Bahnhof. Dort lässt es sich wirklich gut speisen und trinken.
Freitag
Nach einem guten Frühstück fuhren wir gestärkt in die Agra und holten erst einmal den Fotopass ab, besuchten die Ausstellung im Agra Cafe und tranken mit unseren Freunden den ersten Erdbeer-Caipi auf dem diesjährigen WGT. Für 2 Stunden gingen wir dann getrennte Wege. Kaschy besuchte gegen 14 Uhr den Clara-Zetkin-Park und durfte einige Besucher fotografieren. In selbstgeschneiderte Barockkleider und Anzügen kamen viele Besucher zum Park zum viktorianischen Picknick.
Ich besuchte dieses Mal gegen 14 Uhr die Buchhandlung Zweitausendeins und hatte eine wunderbare Lesung mit Christian von Aster „Schwestern der begrenzten Barmherzigkeit – Ortsgruppe Stuttgart“. Die Buchhandlung war sehr gut gefüllt und nicht jeder bekam einen Sitzplatz. Aber da Christian noch einige Lesungen auf dem WGT hatte, hoffe ich doch, dass alle die ihn sehen wollten, auf ihre Kosten gekommen sind. Wahrscheinlich könnte Christian immer ein ganzes Gewandhaus füllen.
Aber nun ging es endlich mit den Konzerten los. „Das Ich“ eröffnete in der Agra-Halle das WGT 2019. Anschließend spielten noch Forced to Mode und Hämatom.
Allerdings verließen wir das Agra-Gelände, um im Westbad noch In Strict Confidence zu sehen. Vorher spielten noch Empirion, allerdings waren uns die Melodien zu monoton.
In Strict Confidence spielte heute mit komplette Bandbesetzung, was uns sehr freute.
Nach 15min. Verzögerung durch technische Probleme, fing das Set mit einer sehr guten Beamershow im Hintergrund an und Denis rockte mit allen anderen die Bühne. Leider war es im Westbad sehr heiß.
Im Heidnischen Dorf spielten an diesem Abend unter anderem Ganaim, Coppelius und In Extremo. Das Mitternachtsspecial White Lies konnten noch alle, die noch nicht müde ins Bett gefallen sind, in der Agra-Halle gegen 0:25 Uhr genießen.
Samstag
Der Samstag begann für uns im Gohliser Schlößchen mit dem Victorian Village, wo unser Fotograf Kaschy Schulze ein paar eindrucksvolle, wunderschöne Damen und Herren ablichtete, natürlich unter Beachtung des strikten Dresscodes des viktorianischen Zeitalters, die keine Lust auf Gaffer hatten, wie es im Clara-Zetkin Park am Freitag der Fall war. Das Wetter zeigte sich auch heute von seiner besten Seite.
Anschließend hatten wir mal wieder die Qual der Wahl, so viele gute Bands in so vielen Locations ;-)…
In der Moritzbastei gab es u.a. von A Spell Inside und Machinista auf die Ohren, im Stadtbad u.a. spielten Double Echo und Selofan, aber auch im Felsenkeller die Grausamen Töchter und Joachim Witt.
Wir entschieden uns für die Party in der Agra mit Haujobb, DK Zero, Welle: Erdball und Nitzer Ebb.
Bei Welle: Erdball gab es wieder eine Ansage von Elvis & Benecke. Benecke meinte, dass er die Unterschriften der Band als Tattoo hätte und war sichtlich begeistert, seine Lieblingsband jetzt spielen zu hören. Die Halle war sehr gut gefüllt und die 8bit Synthpop Retroparty wollte sich keiner entgehen lassen. Mit dabei Honey, c0zmo, M.A.Peel und Miss Moonlight. Honey fragte, wer denn alles noch ein altes Mobiltelefon hätte…es waren gerade mal 5 im Publikum. Zum Song VW Käfer: das Automobil wurde vor 70 Jahren gebaut und fährt immer noch…ein hoch auf den VW Käfer! Es war wieder einmal eine gute Musikalische Zeitreise in die letzten Jahrzehnte.
Wer noch aushalten konnte, machte mit dem 2. Mitternachtsspezial New Model Army gegen 0:55 Uhr weiter.
Sonntag
Heute war es auch wieder schwer, eine Entscheidung zu treffen, wohin es gehen sollte.
Aber erst einmal haben wir uns mit Mel getroffen und hatten in der Sixtina eine super Zeit!
Im Westbad spielten heute M.I.N.E., Empathy Test, Priest, Sono und Solar Fake. Von Einlaß Stop wurde uns berichtet und somit blieben wir in der Agra.
Hier ging es mit Christian Death sehr düster los und dann folgte Lord of the Lost mit dem Sänger Chris Harms, welche die Bühne rockten. Headliner waren die US-Amerikaner London After Midnight.
Im Felsenkeller kam es inzwischen auch zum Einlasstop und unsere Fotografin Betty konnte gerade noch so mit hinein huschen, um wenigstens die ersten 3 Songs bei Cradle of Filth zu fotografieren. Nach einer Umbauphase und Verspätung von ca. 30 Minuten fingen sie an im aufgeheizten Felsenkeller zu spielen. Das große Banner ließ sich leider nicht auf volle Größe ausrollen und so blieb der Bandschriftzug verdeckt und nur der obere Teil der in Blut badenden Gräfin war zu sehen. Nach 3 Songs flüchtete aber unsere Fotografin aus dem Felsenkeller, da man es vor lauter Hitze dort kaum noch aushalten konnte.
Montag
Am letzten WGT Tag mussten wir natürlich noch unser geliebtes Kirschbier mit unseren Freunden Mel, Dirk, Pascale und Sascha im Heidnischen Dorf trinken. Heute war es dort recht angenehm und nicht mehr so überfüllt, wie an den anderen Tagen. Es gab wieder schöne Mittelalterstände, leckeres Essen und Trinken. Neu war in diesem Jahr die „Nostalgie Photographie“ ein Wagen, in dem man sich in perfekter Kulisse ablichten lassen konnte.
Der Klimawandel ist ja, wie bekannt ein großes Problem. Laut einem aktuellen Bericht des Weltbiodiversitätsrats (IPBES) sind in den kommenden Jahren und Jahrzehnten rund eine Million Arten vom Aussterben bedroht. Ursache für das akute Massensterben sind sowohl der Klimawandel als auch die industrielle Landwirtschaft und weitere menschgemachte Umweltveränderungen. Der Ersteller der WGT-App und Extinction Rebellion Leipzig riefen daher am Montagmittag zu einem großen Trauermarsch für aussterbende Arten durch die Leipziger Innenstadt auf. Mit der Aktion wurde auf die fortschreitende ökologische Krise aufmerksam gemacht. Ca. 2000 WGT-Besucher zogen durch die Stadt mit Unterstützung von einigen Künstlern wie Oswald Henke und Dr. Mark Benecke, der eine Rede über das Insektensterben hielt.
Für den letzten WGT-Abend haben wir uns für die Moritzbastei entschieden. Bevor die Bands anfingen stärkten wir uns noch mit unseren Freunden Mel und Dirk im schönen Biergarten.
Die Band Seadrake begann den Abend mit „Freude schöner Götterfunken“ und spielten das erste Mal auf dem WGT. Seadrake spielen Synth-Pop vom Feinsten, bestehend aus Sänger Hilton Theissen (Akanoid), Mathias Thürk (Ex-Minerve) und Bassist / Keyboarder Rickard Gunnarsson (Lowe, Statemachine). Rickard Gunnarsson, geboren und aufgewachsen in Stockholm, hat seit seiner Kindheit in verschiedenen Bands gespielt. Mit 7 Jahren veröffentlichte er seine erste Platte und trat live mit Künstlern wie Moby und West End Girls auf. Rickards Vater, Rutger Gunnarsson, ist einer der bekanntesten schwedischen Musiker und hat unter anderem mit ABBA gespielt. Der in Südafrika geborene Hilton Theissen hat in verschiedenen Projekten wie Dark Millennium (Progressive Metal) und Akanoid (Trance / Synthpop) mitgewirkt und arbeitet als Produzent für verschiedene Künstler und Projekte in seinem eigenen Elektrofish Studio in Deutschland.
Mathias Thürk, geboren in der Nähe von Berlin und wohnhaft in Zürich, spielte früher Keyboard bei der Popband Minerve.
Der Gastsänger Frank M. Spinath, bekannt von Seabound, Edge of Dawn und der Band Radioaktivists war an diesem Abend auch mit dabei.
Die nächste Band Spit Mask passte absolut nicht in diesen Electro-Synthpop-Abend. Spit Mask ist ein Industriel Projekt, das Anfang 2015 in Houston, TX, gegründet wurde.
Der Sänger schrie nur herum, eine SM Domina stakte mit ihrem Sklaven über die Bühne. Eltern hatten damit nicht gerechnet und brachten ihre Kinder raus.
Da sollte man solch ein Act doch besser zu einer entsprechenden Fetisch Veranstaltung stecken.
Überpünktlich um 21.25 Uhr begann Psyche mit seinem Set. Auf Darin haben wir uns schon sehr gefreut, da wie ihn schon lange nicht mehr gesehen hatten. Er spielte neue Songs wie „Youth Of Tomorrow“ und auch Klassiker wie „Disorder“, „Misery“, meinen absoluten Favoriten „Goodbye Horses“ und „Unbreakable“ und er bedankte sich für 30 Jahre Fantreue. Die Headliner an diesem Abend waren Radioaktivists mit Krischan Wesenberg (Rotersand, Future Lied To Us), Frank M. Spinath (Seabound, Lionhearts, Edge of Dawn), Daniel Myer (Haujobb, Architekt) und Sascha Lange. Alle waren gut drauf und hatten ihren Spaß. Das war Party pur! Der letzte Song an diesem Abend war mit Frank M. Spinath und seinem Song von Seabound „Poisonous Friend“. Ein wunderschöner Abschluß.
Dieser Abend in der MB war unser WGT-Highlight!
Nebenher im Heidnischen Dorf lief es ein wenig anders. Leider mussten die Auftritte von Bannkreis und Tanzwut wegen einer Unwetterwarnung abgesagt werden und das Gelände wurde geräumt. Das Unwetter haben wir in der MB allerdings gar nicht mitbekommen.
Fazit
Tausende Gothics kamen wieder einmal im Jahr nach Hause – zum Wave-Gotik-Treffen.
Wir freuen uns schon auf das 29. Wave-Gotik-Treffen, welches vom 29.05. bis 01.06.2020 in Leipzig stattfinden wird!
Bis dahin alles Liebe
Betty & Kaschy – Teil des [U]selinks-Team
Ein super Festival, welches wieder einmal sehr facettenreich war und dessen Gäste für ein paar Tage eine ganze Stadt kulturell verwandelten. Insgesamt gab es auch eine große Vielfalt an Essen, auch für Vegetarier, was mich sehr freute. Meine Highlights waren Seadrake, Psyche und Radioaktivists.
Es war wie jedes Jahr schön gleichgesinnte Freunde wieder zu treffen, wie Annie & Pat und Pascale und Sascha, Mel, Dirk und Steffen mit denen wir dieses Jahr viel herumgezogen sind und die tollsten Abende hatten, aber auch Mandy, Jörg, Beatrice, Claudia, Iriz und noch viele andere mehr! Es war wunderbar mit Euch Allen!
In Kürze sollen bereits die Vorbereitungen für das 29. Wave Gotik Treffen, beginnen.
Auch hier noch ein riesen Kompliment und großes Danke an die Organisatoren, Helferlein und an den Pressesprecher des WGT Cornelius Brach. Es war uns wie immer ein Vergnügen, bei so einem wiederholten sehr gut durchorganisierten Event wieder dabei gewesen zu sein und für unser Musikmagazin arbeiten zu dürfen.
Es war wieder rundum ein gelungenes und professionelles Festival, dass die Fans der Wave Gotik Scene aus der ganzen Welt verbindet.
Vielen Dank an die Künstler, den Veranstalter und allen die hier Mitgeholfen haben. Auch ein großes Dankeschön an Michael von www.monkeypress.de für den vorab zusammengestellten Programmplan und Tobias Theiss für die tolle WGT-App – http://www.wgt-guide.de , welche wir wirklich ständig genutzt haben.